Einflussgrößen auf die Nutzungsabsicht von Mobile Learning in unterschiedlichen Einsatzszenarien - eine empirische Studie
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Mobile Learning (ML) bietet nur bei entsprechender Nutzung durch die Lernenden einen Mehrwert. In mehreren Studien wurden Einflussgrößen auf die Technologieakzeptanz untersucht und diverse Modelle zeigen, dass die wahrgenommene Nützlichkeit zentral für die Nutzungsabsicht ist. Frühere Studien haben jedoch nie zwischen selbstgesteuertem ML und dem Einsatz mobiler Lernanwendungen innerhalb von Präsenzveranstaltungen unterschieden. Dieser Beitrag adressiert diese Forschungslücke anhand eines Pilotprojekts einer deutschen Universität. Dabei wurden mobile Lernanwendungen sowohl innerhalb einer Präsenzveranstaltung als integraler Bestandteil des Lehr-Lernarrangements ebenso wie auch als reine Selbstlernmaterialien eingesetzt. Beide Integrationsformen des ML wurden anschließend mittels einer Online-Befragung auf Basis von Technologieakzeptanzmodellen untersucht (n = 129). Die Auswertung zeigt, dass beim selbstgesteuerten ML der erwartete Mehrwert, beim ML im Vorlesungssaal hingegen soziale Einflüsse und unterstützende Faktoren die zentralen Determinanten für die Nutzungsabsicht darstellen. Die Identifikation dieser grundlegenden Unterschiede erweitert die Forschung im Bereich der Akzeptanz mobiler Lernanwendungen und legt so für zukünftige Forschungsvorhaben eine Unterscheidung zwischen den beiden Einsatzszenarien nahe. Die Ergebnisse sind zugleich für Lehrende relevant, da sie wesentliche Faktoren identifizieren, die bei einer erfolgreichen Einführung von ML innerhalb und außerhalb des Vorlesungssaals berücksichtigt werden müssen. 1 Einleitung Akzeptanz von Mobile Learning Mobile Learning (ML) verbindet eLearning mit Mobile Computing durch den Einsatz von Internet, Drahtlosnetzwerken und mobilen Endgeräten [Mo07]. ML ermöglicht, Inhalte ortsund zeitunabhängig abzurufen. Zugleich erlaubt es den mobilen eLearningEinsatz innerhalb von Institutionen wie Universitäten [STV05]. Gerade diese Anreicherung von Präsenzveranstaltungen um ML scheint vielversprechend [DL07]. Ein Mehrwert für den Lernenden entsteht jedoch nur im Falle einer aktiven Nutzung der Lernanwendungen, da Interaktion eine Basis für Lernerfolg darstellt [TW04]. Eines der bekanntesten Modelle zur Erklärung der Nutzungsabsicht basiert auf der Unified Theory of Acceptance and Use of Technology (UTAUT) von Venkatesh et al. [Ve03]. Bisherige Studien auf Basis des UTAUT-Modells im Bereich ML adressieren zwar das vollständig selbstgesteuerte Lernen, nicht aber den Einsatz von ML innerhalb von Präsenzszenarien. Eine explizite Unterscheidung beider Szenarien erscheint jedoch notwendig, da Aspekte wie Lernumgebung oder zwischenmenschliche Unterstützung wesentlichen Einfluss auf die Wahrnehmung durch den Lernenden ausüben [Be01], [Su08]. Entsprechend ist davon auszugehen, dass sich auch die Einflussgrößen auf die Nutzungsabsicht deutlich unterscheiden. Die Möglichkeit, im Falle eines Problems schnelle Hilfe durch einen Kommilitonen oder den Betreuer einzuholen, ist beispielsweise ausschließlich während der Präsenzveranstaltung gegeben. Eine fehlende Unterscheidung zwischen diesen beiden Szenarien kann demnach zu falschen Schlussfolgerungen führen. Um diese Forschungslücke zu schließen, wurde im Rahmen eines Pilotprojekts die Nutzungsabsicht von mobilen Lernanwendungen als reine Selbstlernmaterialien sowie als Teilnehmeraktivierungen im Vorlesungssaal auf Basis des UTAUT-Modells untersucht. Diese Arbeit setzt sich die Beantwortung zweier Forschungsfragen zum Ziel: (1) Was sind Einflussgrößen auf die Nutzungsabsicht von ML und inwieweit stimmt dies mit dominierenden Modellen der Technologieakzeptanzforschung überein? (2) Welche Unterschiede bzgl. der Einflussgrößen auf die Nutzungsabsicht können zwischen selbstgesteuertem ML und ML im Vorlesungssaal beobachtet werden? 2 Untersuchung der Nutzungsabsicht mittels des UTAUT-Modells Das UTAUT-Modell stellt eine Erweiterung des bekannten Technology Acceptance Model (TAM) von Davis [Da89] dar. Wesentliche Einflussgrößen auf die Nutzungsabsicht (Behavioral Intention) sind demnach der erwartete Mehrwert (Performance Expectancy), der erwartete Aufwand zur Nutzung (Effort Expectancy), soziale Einflüsse (Social Influence) sowie unterstützende Bedingungen (Facilitating Conditions), wie die zur Einarbeitung zur Verfügung stehende Zeit. Die ersten drei Variablen beeinflussen die Absicht zur Nutzung des Systems, letztere die tatsächliche Nutzung. Die Übertragbarkeit des UTAUT-Modells auf den Lernbereich wurde bereits nachgewiesen [CW08], [WHB10]. Für das ML konnten über eine Recherche in den Datenbanken IEEE XPlore, ScienceDirect, AIS.Net, Ebsco Host, ACM Digital Library, EdITLib und ERIC mittels des Suchstrings „UTAUT Mobile Learning“ drei empirische Arbeiten identifiziert werden. Diese beschäftigen sich mit dem allgemeinen Einsatz von Tablet PCs [EM06], Audio-Podcasts [HC09] sowie ML im Allgemeinen [WWW09]. In allen Studien kommen modifizierte Fassungen des UTAUT-Modells zum Einsatz. Die Ergebnisse, die in Abschnitt 4 noch dargestellt werden, zeigen dabei, dass im Falle des selbstgesteuerten ML der erwartete Mehrwert den wichtigsten Faktor darstellt. Jedoch wird in keiner der Studien ML zur Teilnehmeraktivierung im Vorlesungssaal adressiert. 3 Fallstudie und Datenerhebung Im vorliegenden Fall wurden im Rahmen eines Pilotprojekts ca. 150 Tablet PCs in Form von Apple iPads für ein Semester an Bachelorstudenten der Wirtschaftswissenschaften verliehen, welche eine Lehrveranstaltung zur Einführung in die Wirtschaftsinformatik besuchten. Durch Ausgabe der Geräte konnte sichergestellt werden, dass alle Teilnehmer die zur Verfügung gestellten ML Inhalte nutzen konnten. In der Veranstaltung wurden zwei ML-Szenarien erprobt. Zum einen wurden Selbstlernmaterialien in Form von Videoaufzeichnungen und Web Based Trainings zur Verfügung gestellt. Letztere stellten speziell auf die Tablet PCs angepasste eLearning Module dar. Daneben wurden in der Vorlesung Anwendungen zur Teilnehmeraktivierung eingesetzt. Hierbei handelte es sich zum einen um eine Abstimmungssoftware, zum anderen wurden die Studierenden aufgefordert, Wahr-Falsch-Aussagen zu den Inhalten der Veranstaltung zu generieren, welche sie elektronisch abgeben konnten. Die Aussagen wurden auszugsweise vom Dozenten aufgegriffen und online als Selbstlernmaterial zur Verfügung gestellt. Beide Teilnehmeraktivierungen kamen jeweils in 10 Lerneinheiten zum Einsatz. Im Anschluss an die letzte Vorlesung wurden die Studierenden gebeten, einen zweiteiligen Online-Fragebogen auszufüllen, der auf dem in [Ve03] vorgestellten UTAUT basierte. Es wurden lediglich die einzelnen UTAUT-Items ins Deutsche übersetzt und auf den Lernbereich angepasst. Der erste Teil adressierte das selbstgesteuerte Einsatzszenario, der zweite die Aktivierung während der Präsenzveranstaltungen. Die Teilnahme war freiwillig und der Fragebogen blieb ca. drei Tage online. Insgesamt füllten 129 Studierende den Fragebogen vollständig aus. Bezogen auf die letztlich Anzahl von 239 Klausurteilnehmern entspricht dies einer Teilnahmequote von ca. 54%. Auf Basis der Fragebögen wurden Einflussfaktoren auf die Nutzungsabsicht bestimmt. Aus technischen Gründen konnte jedoch die tatsächliche Nutzung nicht auf aussagekräftige Weise erfasst werden, da es sich bspw. bei den Teilnehmeraktivierungen um Web-Applikationen handelte, die ohne Login abrufbar waren, um einen reibungslosen Zugriff während der Vorlesung zu ermöglichen. Dies machte eine Zuordnung der Aufrufe zu konkreten Nutzern aber unmöglich. Stattdessen wurde der Einfluss der unterstützenden Bedingungen ebenfalls auf die Nutzungsabsicht berechnet. 4 Präsentation und Diskussion der Ergebnisse Vor der Betrachtung der Einflussfaktoren auf die Nutzungsabsicht ist eine Überprüfung der für die Messmodelle relevanten Qualitätskriterien nach [Ch98] notwendig. Hierfür wurden die durchschnittlich erfasste Varianz (DEV), die Konstruktreliabilität, die Kreuzladungen der einzelnen Indikatoren und die Diskriminanzvalidität untersucht. Bei den Selbstlernmaterialien lagen alle DEV-Werte über dem Grenzwert von 0,5. Auch die Konstruktreliabilität lag bei allen Konstrukten deutlich über dem Grenzwert von 0,6. Die Kreuzladungen der einzelnen Indikatoren waren stets niedriger als die Ladungen zwischen den Indikatoren und den zugeordneten Konstrukten, ebenso wurde die Diskriminanzvalidität bewiesen, da der jeweilige DEV-Wert durchweg höher war als die Korrelation einer latenten Variablen mit den anderen Variablen. Auch bei den Teilnehmeraktivierungen lagen alle DEV-Werte über dem Grenzwert von 0,5, und auch die Konstuktreliabilität lag in allen Fällen über dem Grenzwert von 0,6. Die Kreuzladungen der Indikatoren waren stets niedriger als die Ladungen zwischen den Indikatoren und den entsprechenden Konstrukten. Da auch der jeweilige DEV-Wert höher war als die Korrelation einer Variablen mit den anderen Variablen, gilt die Diskriminanzvalidität als erwiesen. Somit erfüllen die Messmodelle die Qualitätskriterien, was eine Analyse der strukturellen Zusammenhänge ermöglicht (Abbildung. 1). Abbildung 1: PLS-Modell zu Erklärung der Nutzungsabsicht Bei den Teilnehmeraktivierungen konnte kein signifikanter Zusammenhang zwischen den unterstützenden Bedingungen und der Nutzungsintention beobachtet werden, bei den übrigen Konstrukten war hingegen ein hochsignifikanter Einfluss zu beobachten (p < 0,01). Damit kann eine Varianz von 52% der Nutzungsabsicht erklärt werden, was nach [Ch98] zwischen dem moderaten und substanziellen Niveau liegt. Beim Selbstlernmaterial sind alle Zusammenhänge mindestens signifikant (p < 0,05), womit sich 47% der Varianz der Nutzungsabsicht erklären lassen und so wiederum ein moderates bis substanzielles Niveau erreicht wird. Das UTAUT-Modell ist somit im vorliegenden Fall geeignet, Einflussfaktoren auf die Nutzungsabsicht zu erklären und zur Analyse der Forschungsfragen beizutragen. FF1: Was sind Einflussgrößen auf die Nutzungsabsicht von ML und inwieweit stimmt dies mit dominierenden Modellen der Technologieakzeptanzforschung überein? Bisherige Ergebnisse deuten einheitlich darauf hin, dass der erwartete Mehrwert eine zentrale Determinante für die Nutzungsabsicht von ML ist, was die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung für das selbstgesteuerte Lernen bestätigen (Tabelle 1). Auch kann analog zu [WWW09] und [EM06] bestätigt werden, dass der erwartete Aufwand den zweitwichtigsten Faktor darstellt. Auffällig ist im vorliegenden Fall der besonders hohe Einfluss des erwarteten Mehrwerts, sowohl im Rahmen dieser Studie als auch im Vergleich mit den anderen. Dies kann möglicherweise damit begründet werden, dass die Lernmaterialien im Unterschied zu den anderen Studien explizit als Zusatzmaterialien deklariert sind, für deren freiwillige Bearbeitung die Studierenden in besonderem Maße einen hohen Nutzen erwarten. Der erwartete Mehrwert scheint insgesamt über kulturelle Grenzen hinweg das zentrale Argument für die Nutzung von selbstgesteuertem ML darzustellen. Tabelle 1: Ergebnisse der empirischen Analyse im Vergleich
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